Ein organisiertes Leben führen und effektiv arbeiten – wer möchte das nicht? Doch oft stellt sich die Frage, wie das gehen soll. Täglich jonglieren wir mit vielen Aufgaben, To-dos und Projekten. Da verliert man schon mal schnell den Überblick.
Wenn du deshalb nach einem praktischen Werkzeug suchst, um deine Aufgaben besser zu verwalten und dein Selbstmanagement und deine Produktivität zu steigern, dann ist eine persönliche Kanban-Tafel genau das Richtige für dich. Und diese Anleitung wird dir den Einstieg erleichtern!
10 einfache Schritte helfen dir dabei, Struktur in dein Leben zu bringen und deine Aufgaben effizient zu priorisieren. Mit dieser Schritt-für-Schritt-Anleitung hast du einen praktischen Helfer an der Hand, um deine persönliche Kanban-Tafel zu erstellen und die Vorteile einer besseren Organisation und effizienten Aufgabenverwaltung zu genießen. Los geht’s!
Was ist eigentlich Kanban?
Bevor wir mit der Erstellung der Kanban-Tafel beginnen, werfen wir einen Blick auf die Ursprünge dieses Werkzeugs und seine ursprüngliche Verwendung.
Kanban ist ein Konzept, das seinen Ursprung im Toyota-Produktionssystem hat und in den 1940er Jahren entwickelt wurde. Zu dieser Zeit suchte Toyota nach Möglichkeiten, seine Produktion effizienter zu gestalten und Verschwendung zu reduzieren. Sie erkannten unter Anderem, dass Engpässe und Überproduktion häufig zu Problemen führten. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, führte Toyota das Kanban-System ein. Das Wort “Kanban” stammt aus dem Japanischen und bedeutet wörtlich “Karte” oder “Signalkarte”.
Das System basiert auf visuellen Signalen, die den Materialfluss steuern. Es werden kleine Hinweis- oder Signalkarten erstellt, die den Materialbedarf und den Ort der Verwendung anzeigen. Diese Karten werden an den einzelnen Arbeitsstationen platziert und dienen als Auftrag für die Nachlieferung von Materialien. Das Kanban-System ermöglichte es Toyota, den Materialfluss zu optimieren und wird seitdem weltweit verwendet, nicht nur bei Toyota, sondern in unzähligen Unternehmen.
Mit einem Kanban-System wird sichergestellt, dass Materialien nur dann nachgeliefert werden, wenn sie tatsächlich benötigt werden, was Überproduktion und unnötige Lagerbestände reduziert. Engpässe werden frühzeitig erkannt und behoben, da Karten signalisieren, dass Material fehlt und Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Engpässe zu beseitigen.
Da das Kanban-System einfach und schnell zu verwenden ist, wurde es im Laufe der Zeit auch auf andere Bereiche außerhalb der fertigenden Industrie angewendet. So findet es zum Beispiel im Projektmanagement oder in der Softwareentwicklung Anwendung. Es hat sich mittlerweile als eine effektive Methode etabliert, um den Arbeitsfluss zu visualisieren, Engpässe zu identifizieren und kontinuierliche Verbesserungen voranzutreiben.
Heute gibt es kaum noch ein Aufgaben- oder Projektmanagement-Tool, dass nicht auch eine Kanban-Funktion beinhaltet. Doch bevor du dir jetzt eine Software oder App herunterlädst, empfehle ich dir, zunächst mit Stift und Papier zu beginnen und dir mit der folgenden Anleitung dein persönliches Kanban zu entwickeln. Dadurch kannst du dich voll auf das Kanban-System fokussieren und wirst nicht durch andere App-Funktionen abgelenkt, in die du dich eventuell auch noch einarbeiten musst.
Schritt für Schritt zu Deiner ersten Kanban-Tafel
1. Aller Anfang ist schwer
Ich sage es direkt zu Beginn. Die erste Kanban-Tafel, die du mit dieser Anleitung erstellen wirst, wird vermutlich nicht die sein, mit der du letztendlich arbeiten wirst. Denn die Gestaltung solch einer Tafel ist ein längerer Prozess. Du wirst immer wieder Anpassungen und Veränderungen vornehmen, um die Tafel nach und nach deinem persönlichen Arbeitsstil anzupassen. Nimm dir also zum Anfang einfach ein großformatiges Blatt Papier oder Karton (DIN A3 oder DIN A2) oder nutze eine Pinnwand oder ein Whiteboard. Dann noch ein geeigneter Stift zur Hand und schon kann es losgehen.
2. Schnüre die Aufgabenpakete
Um deine Tafel mit Leben zu füllen, benötigst du natürlich deine Aufgaben, die du nachverfolgen möchtest. Jedes To-do soll sich zukünftig auf deiner Tafel wiederfinden. Dabei ist es wichtig, den Umfang jeder Aufgabe klein zu halten. Besteht ein To-do aus mehreren Einzelaufgaben, kannst du diese noch einmal gesondert auf deiner Tafel aufführen. Passe die Aufgabengröße deinem persönlichen Arbeitsstil und Arbeitsaufkommen an.
Zusätzliche Tipps zur Erstellung und Priorisierung von Aufgaben findest du im Beitrag “Priorisieren mit der Eisenhower-Matrix”.
3. Mach die Aufgaben beweglich
Bisher unterscheidet sich die Erstellung der Kanban-Tafel nicht sonderlich von einer einfachen To-do-Liste. Doch der große Unterschied kommt jetzt. Deine Aufgaben werden nicht starr auf die Tafel geschrieben, sondern sie werden wandern, abhängig von ihrem Bearbeitungsstatus. Und dazu schreibst du jede Aufgabe auf eine eigene Karte. Hierfür eignen sich Haftnotizen besonders gut. Die gibt es in unterschiedlichen Größen und Farben, so dass du bestimmt etwas Passendes für dich finden wirst. Wenn deine Tafel etwas größer ist (z.B. ein Whiteboard) sind auch Moderationskarten eine gute Alternative.
4. Lass die Aufgaben wandern
Wie schon erwähnt sollen deine Aufgaben beweglich sein. Sie durchlaufen verschiedene Phasen. Das einfachste Grundschema ist vermutlich: Noch zu erledigen –> Als Nächstes –> in Arbeit –> Erledigt. Diese einfache Struktur kann auch für dich der Startpunkt bei der Gestaltung deiner Tafel sein. Letztendlich bestimmst du aber den Weg Deiner Aufgaben selbst. Erstelle daher verschiedene Spalten, die du entsprechend deines Arbeitsstils und -ablaufs bestimmst. Für eine Journalistin könnten Spalten wie „Artikelideen“, „Recherche“, „Schreiben“, „Korrekturlesen“ und „Veröffentlicht“ eine sinnvolle Gliederung darstellen. Probiere es einfach aus und schaue, was für dich am besten passt.
Beispiele für Kanban-Spalten
Webdesigner:in
- Backlog
- In Bearbeitung
- Warten auf Feedback
- Revision
- Fertig
Copywriter:in
- Ideen sammeln
- Recherche
- Erste Entwürfe
- Überarbeitung
- Finaler Entwurf
- Veröffentlicht
Virtuelle Assistenz
- Eingehende Anfragen
- Priorisierung
- in Bearbeitung
- Warten auf Bestätigung
- Abgeschlossen
SEO-Berater:in
- Kundenanalyse
- Keyword-Recherche
- Strategieentwicklung
- Implementierung
- Monitoring
- Berichterstattung
Grafikdesigner:in
- Brainstorming
- Konzeptentwicklung
- Design in Arbeit
- Kundenfeedback
- Feinabstimmung
- Fertiggestellt
Social-Media-Manager:in
- Inhaltsideen
- Content-Erstellung
- Planung
- Veröffentlichung
- Analyse
Fotograf:in
- Anfragen
- Shooting-Termine
- Bildauswahl
- Bearbeitung
- Kundenabnahme
- Lieferung
Coach:in
- Kundengespräche
- Bedarfsanalyse
- Coachingplan erstellen
- Coaching-Sitzungen
- Feedback und Anpassung
- Abgeschlossen
Marketing-Berater:in
- Kundenbriefing
- Marktanalyse
- Strategieentwicklung
- Kampagnenplanung
- Durchführung
- Auswertung
Eventplaner:in
- Kundenanfragen
- Ideenfindung
- Planung
- Durchführung
- Nachbereitung
5. Mach es bunt
Manchmal reichen die Spalten allein nicht aus, um die Informationen ausreichend zu strukturieren. Dann kannst du zusätzlich mit farbigen Karten arbeiten. So kannst du zum Beispiel dringende Aufgaben auf roten Haftnotizen notieren. Oder du unterscheidest verschiedene Tätigkeiten oder Auftraggeber:innen mit eigenen Farben.
6. Kurz und knapp
Die vielfältige Gestaltung mit Spalten und Farben sollte nicht dazu führen, dass du deine Tafel überfrachtest. Halte deine Tafel so einfach wie möglich. Schließlich soll sie dir eine visuelle Hilfe sein und nicht zu kompliziert oder voll werden. Ich empfehle zum Start, nicht mehr als fünf Spalten und drei Farben zu verwenden.
7. Lass Dich nicht verführen
Vielleicht fragst du dich, ob du tatsächlich mit Papier und Haftnotizen oder Karten arbeiten musst. Dafür gibt es doch bestimmt digitale Tools. Und natürlich hast du Recht. Es gibt unzählige Kanban-Tools für Windows, Mac, iOS und Android, die das Kanban-System für die Verwaltung von Aufgaben nutzen. Und kaum ein Projektmanagement-Tool kommt heute ohne ein entsprechendes Kanban-Board aus.
Und so groß die Versuchung auch ist, sich einfach eine App herunterzuladen, fange lieber mit einer analogen Version auf Papier an. Denn so kannst du dich vollkommen auf deinen Prozess der Aufgabenstrukturierung und -bearbeitung konzentrieren und deinen individuellen Stil entwickeln. Erst wenn du deinen persönlichen Weg von Spalten, Kategorien und Farben gefunden hast, solltest du schauen, welches digitale Tool dich bei der Aufgabenverwaltung sinnvoll unterstützen kann.
Für Apple-Nutzer habe ich in einem Artikel die Erinnerungen-App näher vorgestellt und zeige, wie man in dieser App das Kanban-Prinzip nutzen kann.
8. Nicht verzetteln
Du weißt bereits, dass jede Aufgabe (vielleicht sogar jede Unteraufgabe) ihre eigene Haftnotiz bzw. Karte bekommt. Was auf der Karte steht, bleibt dabei dir überlassen. Achte aber darauf, dass die Information über die Aufgabe möglichst kurz und dennoch eindeutig beschrieben ist. Oft reichen wenige Worte aus. Sind deine Aufgaben zeitkritisch, kannst du auf der Karte auch das geplante Enddatum festhalten.
Ein wichtiges Kriterium einer Kanban-Tafel ist Limitierung der Aufgaben in einer Spalte oder Kategorie. Dies macht besonders in der Spalte „In Arbeit“ Sinn. Im Idealfall sollte sich dort nur eine einzige Karte befinden. Schließlich kannst du immer nur eine Sache gleichzeitig machen. Falls du häufig zwischen Aufgaben wechseln musst, kannst du das Limit natürlich auch erhöhen. Mehr als drei Aufgaben in Bearbeitung empfehle ich aber nicht, da sonst diese Spalte ihren eigentlichen Zweck nicht mehr erfüllt.
9. Worauf wartest Du?
Jetzt liegt es an dir, mit deiner ersten Kanban-Tafel zu starten. Sie muss dabei weder perfekt aussehen noch für andere verständlich oder lesbar sein. Perfektionismus ist hier fehl am Platz. Denn die Tafel ist dein persönliches Werkzeug, das dir die Arbeit erleichtern soll. Es gibt also keine Ausreden, um nicht sofort zu beginnen.
10. Gib nicht auf
Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass sich deine Kanban-Tafel besonders zu Beginn sehr häufig verändern wird. Und vielleicht stellst du auch fest, dass du sogar mehrere unterschiedliche Tafeln benötigst. Das ist normal. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn schon viele Kanban-Tafeln genutzt und sie immer wieder den sich ändernden Arbeitsanforderungen angepasst, verändert und erweitert. Das ist auch einer der großen Vorteile des Kanban-Konzeptes: Die große Flexibilität.
Betrachte dein Kanban-System als einen Baustein deines persönlichen Zeit- und Selbstmanagements und integriere sie Schritt für Schritt in deinen Alltag.
Fazit
Herzlichen Glückwunsch! Du hast deine erste Kanban-Tafel erstellt und hast nun ein Werkzeug an der Hand, mit dem du deine Aufgaben übersichtlicher darstellen und effizienter bearbeiten kannst.
Natürlich kann eine Kanban-Tafel nicht alle individuellen Herausforderungen abbilden. Besonders bei Abhängigkeiten zwischen einzelnen Aufgaben kann es manchmal herausfordernd werden. Doch meiner Meinung nach ist eine Kanban-Tafel ein erster großer Schritt, um sich bewusster mit seiner Arbeitsorganisation zu beschäftigen.
Hast du schon Erfahrungen mit Kanban gemacht? Oder stehst du gerade vor der Erstellung deiner ersten Kanban-Tafel und hast noch Fragen? Dann schreibe gerne einen Kommentar oder sende mir eine Nachricht.
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